Unterstützung „Literatur im Schloss“

Literatur im Schloss 2018
Joachim Ringelnatz: "Ich bin ein Kind geblieben"

39468332Am 28. Dezember geht es im Herrnsheimer Schloss um das Werk eines Schriftstellers, der Sexuelles, Erotisches und Sozialkritisches in bis dato nie gekannter Offenheit aussprach.
Joachim Ringelnatz hat ein großes Werk hinterlassen. Deshalb hatten die Organisatoren von „Literatur im Schloss“ (v.l.) Karl-Heinz Deichelmann, Hans-Dieter Elbert, Christian Schmitt und Astrid Haag die Qual der Wahl.                            

Das Format Literatur im Schloss, eine Mischung aus Biografie, Gedichten, Liedern und Musik, hat sich innerhalb kürzester Zeit schon als Renner erwiesen, als kulturelles Highlight zwischen den Jahren. Für Qualität bürgen die Schauspieler Karl-Heinz Deichelmann und Astrid Haag, Pianist und Komponist Christian Schmitt, Autor und Moderator Hans-Dieter Elbert und natürlich auch der jeweilige Dichter, der zum Leben erweckt wird. Dieses Mal ist es Joachim Ringelnatz.

1883 wurde er als Hans Bötticher in Wurzen bei Leipzig geboren und war zunächst schulisch und beruflich wenig erfolgreich. Gedichtet hatte er schon immer, doch berühmt wurde er erst unter dem Pseudonym Joachim Ringelnatz, das er sich 1919 zulegte. Mit Auftritten im Berliner Kabarett „Schall und Rauch“, wo er in die Rolle seiner unsterblichen Kunstfigur, des Seemanns Kuddel Daddeldu, schlüpfte, gelang ihm der Durchbruch.

Das Publikum war begeistert und feierte den tabulosen Dichter, der Sexuelles, Erotisches und Sozialkritisches in nie gekannter Offenheit aussprach. Diese Offenheit brachte ihm aber auch Geldstrafen und Gefängnishaft ein, und ab 1933 erteilten ihm die Nationalsozialisten Auftrittsverbote. Mit seiner Frau Leonharda, die er zärtlich Muschelkalk nannte, lebte er ständig am Existenzminimum. 1934 wurde bei ihm eine schwere Tuberkulose festgestellt, an der er im gleichen Jahr starb.

„Ich bin ein Kind geblieben“ hat Hans-Dieter Elbert die literarisch-musikalische Lesung überschrieben. Es ist die Zeile eines Gedichts, das die Einsamkeit eines Menschen beschreibt, der sein und bleiben möchte, wie er ist, und trotzdem hofft, dass er gesucht und verstanden wird.

Ringelnatz hat ein Riesenwerk hinterlassen, und Elbert und Deichelmann hatten die Qual der Wahl. Sollten sie die bekannten Stücke bringen, die von einem belesenen Publikum sicher erwartet werden, oder die mehr unbekannten, die nachdenklichen und tröstlichen? Oder seine Liebesgedichte für Muschelkalk? Es wird von allem etwas zu hören sein, dazu auch Zitate aus Leonhardas Kommentaren zu Briefen ihres Mannes, ebenso Urteile seiner literarischen Zeitgenossen, die seine poetische Ausdruckskraft außerordentlich schätzten.

Das Musikprogramm wird Christian Schmitt übernehmen. Neben zeitgenössischen Stücken der exquisiten Art werden auch zeitlose Schlager zum Mitpfeifen zu hören sein sowie passende kurztaktige Intermezzi und einfühlsame Rezitationsbegleitungen. Musikalischer Höhepunkt werden zwei Ringelnatz-Chansons sein, die Christian Schmitt eigens für diese Soiree vertont hat. Noch kennt Astrid Haag die Kompositionen nicht, aber sie freut sich, dass sie dadurch die Gelegenheit haben wird, nicht nur zu rezitieren, sondern auch zu singen. Wie überzeugend sie das tut, konnte das Publikum bereits im letzten Jahr bei der Tucholsky-Soiree erleben.

Fünfter Partner dieser Veranstaltung zwischen den Jahren ist neben der Literaturinitiative Worms und den Wormser Museen zum dritten Mal der Inner Wheel Club Worms. Die Damen übernehmen Werbung, Kartenverkauf, Verköstigung und Betreuung der Gäste. Sie sei dankbar, sagte Präsidentin Ute Hornuf, dass sich der Club mit dem Thema Kunst in einer so hochkarätigen Besetzung verbinden könne. Der Erlös aus den Einnahmen komme einem guten Zweck zugute. Past-Präsidentin Heidi Lammeyer freut sich, dass sie die Anmoderation übernehmen wird. „Ich habe mich richtig in die Werke von Ringelnatz hineingekniet und hoffe, dass ich bei der Begrüßung etwas davon rüberbringen kann.

 

(Artikel WORMSER ZEITUNG von Ulrike Schäfer)